Flüchtlinge in Griechenland: Polizei stürmt Lager

Hunderte Flüchtlinge wurden bei der Stürmung ihres provisorischen Lagers in der griechischen Stadt Igoumenitsa festgenommen. Sie hofften auf Weiterreise.

Afrikanische Flüchtlinge demonstrieren Mitte Mai in Athen. Bild: dapd

BREMEN taz | Eine Spezialeinheit der griechischen Polizei hat am Donnerstag ein Flüchtlingslager in der Hafenstadt Igoumenitsa gestürmt. Im Morgengrauen stießen die Polizisten auf einen Berg vor, auf dem hunderte sogenannte Papierlose vor allem aus Sudan und Eritrea in einer slumartigen Siedlung lebten. Viele der Flüchtlinge wurden verhaftet. Die Polizei kündigte an, sie auf verschiedene Internierungslager zu verteilen. Ihre Hütten wurden mitsamt der Habseligkeiten der Bewohner zerstört.

Das Lager lag in Sichtweite eines Fährhafens, von dem Schiffe nach Italien starten. Die Flüchtlinge hofften, sich auf eine der Fähren schmuggeln zu können. In dem Lager lebten sie ohne jede Versorgung oder Wasser. Sie mussten sich von Abfällen ernähren, die sie in Igoumentisa in Mülltonnen fanden.

Anfang Mai hatten Bürgermeister und Geschäftsleute der 20.000-Einwohner-Stadt zu einer Demo gegen die Flüchtlingssiedlung aufgerufen. Damals lebten rund 700 Menschen in dem Lager. Am Ende der Kundgebung griffen Rechtsradikale sie mit Steinen an, die Afrikaner verteidigten sich. Die Polizei ging darauf mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Papierlosen vor.

Seitdem riegelte die Polizei den Berg ab und verhaftete nach und nach fast 400 Flüchtlinge, die es wagten, vom Berg herabzusteigen. "Das war für die Leute unglaublich hart. Die haben richtig gehungert, weil ihnen der Zugang zu den Mülltonnen versperrt wurde", sagt Marion Bayer vom "Welcome to Europe"-Netzwerk, die das Lager vor zwei Wochen besuchte. Der Angriff der lokalen Rechtsextremisten auf das Lager in Igoumenitsa fiel mit einer Welle pogromartiger Übergriffe auf Papierlose in anderen griechischen Städten zusammen. Die Regierung kündigte darauf an, sieben neue Internierungslagern zu bauen und informelle Siedlungen wie in Igoumenitsa aufzulösen.

EU-weit kommen mit Abstand die meisten Papierlosen in Griechenland an. Die Dublin-II-Richtlinie zwingt dem Land die Alleinverantwortung für diese Flüchtlinge auf. Ein Asylsystem existiert trotz starkem Druck aus Brüssel nicht, auch keine soziale oder medizinische Versorgung der Papierlosen. Denen ist es verboten, das Land in Richtung anderer EU-Staaten zu verlassen. "Europa trägt die Verantwortung für das Elend der Flüchtlinge in Griechenland", sagt Bayer. Die EU müsse Papierlosen gestatten, aus Griechenland weiterzufliehen.

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