Autohändler feuert Betriebsrat: „Skandalöser Angriff“

Der Autohändler „Nord Ostsee Automobile“ hat dem Vorsitzenden des Betriebsrats in Hannover gekündigt. Die IG Metall geht auf die Barrikaden.

Menschen stehen vor einem Gebäude und halten die roten Fahnen der IG Metall.

Solidarität mit Betriebsrat: Kundgebung der IG Metall in Hannover Foto: David Speier

HANNOVER taz | Vor dem Arbeitsgericht Hannover wehen am Dienstagmittag rote Fahnen der IG Metall. Rund 100 Ge­werk­schaf­te­r*in­nen sind gekommen, um ihre Solidarität mit einem gekündigten Betriebsratsvorsitzenden auszudrücken. Der Autohändler „Nord-Ostsee Automobile“ hatte den Betriebsratsvorsitzenden Florian P. von seiner Arbeit freigestellt, ihm Hausverbot erteilt und die Betriebsratsarbeit untersagt.

Im Gespräch mit der taz schildert Florian P. vor Ort, wie es zu der Situation gekommen war. Im Rahmen der Tarifverhandlung sei ihm aufgefallen, dass einige kaufmännische Angestellte des Unternehmens in der falschen Entgeltgruppe eingruppiert waren. Daraufhin habe er die Geschäftsleitung informiert und zusammen mit der IG Metall eine Geltendmachung eingereicht, um die entsprechenden Mit­ar­bei­te­r*in­nen richtig einzustufen. P. erhielt daraufhin ein mündliches Hausverbot von dem Unternehmen, wurde vorerst freigestellt und konnte seine Betriebsratsarbeit nicht fortsetzen.

Nord-Ostsee Automobile hat seinen Sitz in Heide und vertreibt hauptsächlich Fahrzeuge von Mercedes-Benz. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.700 Mit­ar­bei­te­r*in­nen an 31 Standorten in verschiedenen Bundesländern – zwei davon in Hannover.

Eigentlich wollte die IG Metall vor dem Arbeitsgericht Hannover eine einstweilige Verfügung erwirken, um das Hausverbot und die Freistellung als Betriebsrat aufzuheben. Nord-Ostsee Automobile kam dem angesetzten Gerichtstermin jedoch mit einem Schuldeingeständnis zuvor und erkannte die einstweilige Verfügung an. Die Verhandlung wurde kurzfristig abgesagt.

Betriebsübergreifende Solidarität

Susanne Heyn, zweite Bevollmächtigte der IG Metall Hannover, erklärt bei der Kundgebung: „Wir machen uns heute dafür stark, dass Florian seine Arbeit wieder aufnehmen kann, um sich für Gerechtigkeit und Demokratie bei Nord-Ostsee Automobile einzusetzen.“ Außerdem fordert sie das Unternehmen auf, die „Angriffe auf Betriebsratsmitglieder“ sofort zu stoppen. Das Vorgehen des Unternehmens sei ein „skandalöser Angriff auf die Betriebsratsarbeit“ und „auf unsere Demokratie“, sagte Heyn.

Zur Kundgebung gekommen sind IG Metall-Mitglieder aus verschiedenen Hannoveraner Betrieben wie MOIA Operations, Hanomag, VW-Nutzfahrzeuge und der Mercedes-Benz Niederlassung Hannover.

Stavros Christidis, Betriebsratsvorsitzender bei VW-Nutzfahrzeuge, erklärt in seinem Redebeitrag, auch im Jahr 2024 hätten Betriebe eine Verantwortung, kollegial mit Gewerkschaftern und Betriebsräten umzugehen. „Man bewältigt keine Konflikte, indem man Leute rausschmeißt“, sagt Christidis. Auch angesichts des Rechtsrucks in der Gesellschaft ginge es nicht um das Reden, sondern um das Machen im Betrieb. Unterstützung gibt es auch von Stefan Drechsler vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Hannover, der erklärt: „Solidarität endet nicht vor dem Werkstor, sondern sie gilt überall.“ Auch der DGB stehe fest an der Seite von Florian P..

Mittlerweile hat Florian P. eine schriftliche außerordentlich Kündigung erhalten, gegen die er gerichtlich vorgehen will. In einer Pressemitteilung erklärt die IG Metall, sie sehe die Kündigung gelassen, da Nord-Ostsee Automobile „eklatante Fehler“ vor dem Ausspruch der Kündigung gemacht habe. So seien etwa die Gründe für die Kündigung bisher völlig unklar. Außerdem sei der Rausschmiss ohne die vorherige Anhörung des Betriebsrates erfolgt. P. habe sich aus Sicht der Gewerkschaft nichts zu Schulde kommen lassen.

P. selbst bedankt sich am Dienstag in einer kurzen Rede vor dem Amtsgericht dafür, dass so viele Ge­werk­schaf­te­r*in­nen gekommen sind. Es zeige, dass er nicht allein dastehe. „Ich hoffe, das anderen Leuten so etwas nicht passiert“, sagt P.. Er hoffe, seine Arbeit als Betriebsrat bald wieder aufnehmen zu können.

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