Linkspartei und Nahost-Konflikt: Klare Differenzen

Die Berliner Linke verkämpft sich vor ihrem Parteitag am Samstag an der Positionierung zum Krieg in Gaza. Im Fokus steht vor allem ein Kreisverband.

Das Bild zeigt Linken-Landeschef Maximilian Schirmer

„Existenzrecht Israels wird nicht infrage gestellt“: Linken-Landeschef Maximilian Schirmer Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Die Berliner Linke ringt um eine Positionierung zum Krieg in Gaza. Für den an diesem Samstag stattfindenden Landesparteitag liegen aus den Bezirksverbänden Neukölln und Mitte gleich zwei Anträge vor, in denen Israel „Völkermord“ an den Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen vorgeworfen wird, einmal mehr, einmal weniger explizit.

Die Massaker der Hamas am 7. Oktober werden in den Anträgen aus Mitte und Neukölln am Rand zwar pflichtschuldig verurteilt. Im Kern geht es aber darum, dass sich der Landesverband „zum Recht des palästinensischen Volkes“ bekennen soll, „Widerstand zu leisten“, wie es in dem Antrag aus Mitte heißt.

Den beiden Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer geht das deutlich zu weit. Brychcy sprach am Mittwoch vor Jour­na­lis­t:in­nen von „einer klaren Differenz“ zu den einseitig palästinasolidarischen Papieren aus Neukölln und Mitte: „Ich glaube, dass ein Großteil des Parteitags das genauso sieht.“

Gemeinsam mit acht Be­zirks­che­f:in­nen haben Brychcy und Schirmer dann auch einen eigenen Antrag formuliert. Wie in den anderen beiden Anträgen wird zwar auch hier ein sofortiger Waffenstillstand in Gaza und ein Ende der deutschen Rüstungsexporte nach Israel gefordert. Das Reizwort „Völkermord“ kommt gleichwohl nicht vor. Auch einseitige Schuldzuweisungen werden vermieden.

Lan­des­che­f:in­nen um Kompromiss bemüht

Die Landesvorsitzenden versuchen den Spagat. Mit Blick auf die Polizeieinsätze gegen propalästinensische Proteste in Berlin sagte Brychcy, es sei selbstverständlich, dass Demonstrations- und Meinungsfreiheit gewahrt werden müssen. Zugleich gelte es aber, „klare Grenzen zu setzen, wo der Terror der Hamas verharmlost wird“.

Auch vom Palästina-Kongress in Tempelhof vor gut zwei Wochen, der nach nur einer Stunde von der Polizei aufgelöst wurde, distanzierte sich die Parteichefin. „Wo für uns Schluss ist, ist dort, wo Antisemitismus anfängt und das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird“, sagte ihr Co-Vorsitzender Maximilian Schirmer.

Nicht zuletzt die Linke Neu­köll­n wird in Teilen der Partei wegen ihrer radikalen Haltung im Nahostkonflikt als „schwierig“ beschrieben. Ein führendes Parteimitglied bezeichnete die Positionen gegenüber der taz als „irre“. Brychcy sagte, die Neu­köll­ne­r:in­nen hätten eben „eine enge Verbindung zur palästinensischen Community“.

Die Konflikte dürften auf dem Parteitag kaum zu ignorieren sein. Denn der mit rund 7.450 Mitgliedern größte Landesverband der Linken wächst seit geraumer Zeit vor allem in der Innenstadt – wie eben im migrantisch geprägten Neukölln. So entfallen nach Angaben von Landesgeschäftsführer Sebastian Koch 70 bis 80 Prozent der seit dem Abgang von Sahra Wagenknecht im Herbst 2023 verzeichneten gut 1.400 Neueintritte auf den Innenstadtbereich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.