Weltbank und IWF in Washington: Pläne für globale Reichensteuer

Kredite reichen nicht, um Klimaschutz zu finanzieren. Erstmals spielt Umverteilung eine Rolle beim Treffen der globalen Finanzinstitute.

Ein Plakat auf dem steht "Keine Kredite für Klimafinanzierung" lehnt an einem Baum

„Nein zu Krediten für Klimafinanzierung“: Proteste vor der Weltbank am Freitag Foto: Elizabeth Frantz/reuters

BERLIN taz | Die Weltbank will „größer und besser werden“, mehr Finanzierung fürs Klima und öffentliche Güter bereitstellen, Bahnstrecken also oder Labore für die Pandemieprävention. Diese Reform der multilateralen Entwicklungsbank war auch Thema auf der gemeinsamen Frühjahrstagung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington, die am Samstag endete.

Kleine Schritte gab es beim Größerwerden. Nach Deutschland sagten zehn weitere Staaten insgesamt 10,3 Milliarden Euro zusätzliches Kapital zu. Diese Zuschüsse werden dann als Sicherungen hinterlegt, um mehr Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen. Damit könne die Weltbank nach eigenen Berechnungen bis zu 70 Milliarden US-Dollar innerhalb von 10 Jahren für Klima- und Entwicklungsfinanzierung zur Verfügung stellen, also über Kredite an Länder weitergeben.

Die Weltbank hatte zuvor berechnet, dass Entwicklungsländer eine Finanzierungslücke von etwa 2,4 Billionen US-Dollar haben, um Klimaschutz zu bezahlen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht von 3,9 Billionen US-Dollar aus für die nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030, also für Ernährungssicherheit oder Bildung etwa.

Um die Wirkung ihrer Kredite zu kontrollieren, hat die Weltbank außerdem 22 Indikatoren auf der Tagung vereinbart. „Darin sind auf Initiative Deutschlands auch neue Indikatoren zu Biodiversität und Ungleichheit enthalten“, teilte das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) mit. Deutschland ist in der Weltbank durch das SPD-geführte BMZ vertreten und Mitinitiator der Reformen.

Deutschland blockiert bei Umverteilung

Dafür blockiert Deutschland an anderer Stelle: bei der Umverteilung der Sonderziehungsrechte (SZR). Dieses Geld hatte der IWF 2021 „erschaffen“ und an die Länder – bemessen an der Wirtschaftskraft – zur Bewältigung der Coronapandemie verteilt. Die ärmeren Staaten gingen in dem System fast leer aus. Deutschland erhielt ungefähr so viel wie ganz Afrika.

Die UN fordern daher eine Umverteilung. Dass dies nicht passiert, „daran trägt auch Deutschland eine Mitschuld“, das als eines der wenigen Länder blockiere, dass die Mittel an multilaterale Entwicklungsbanken weitergegeben werden, sagt David Ryfisch, Referent für internationale Finanzwesen bei der NGO Germanwatch. Deutschland wird beim IWF durch das FDP-geleitete Finanzministerium vertreten.

Bewegung gab es hingegen bei Plänen für eine globale Besteuerung der Superreichen, der knapp 3.000 Milliardäre auf der Welt. Die brasilianische G20-Präsidentschaft hatte die globale Vermögensteuer Ende Februar ins Spiel gebracht. Am Samstag teilte die Pressestelle mit, in Washington seien „wichtige Schritte in Richtung internationale Zusammenarbeit zur Besteuerung der Superreichen“ unternommen worden. Sogar IWF-Chefin Kristalina Georgieva sagte, Reiche müssten ihren „fairen Anteil“ zahlen.

Reichensteuer könnte 250 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Entwicklung einbringen

Brasilien hat den Ökonomen Gabriel Zucman, Leiter des EU Tax Observatory, beauftragt, bis Juli konkrete Pläne vorzulegen. Das an der Paris School of Economics angesiedelte EU Tax Observatory stellte letzten Herbst einen Bericht vor, nachdem 2 Prozent Steuer auf das Vermögen der Superreichen jährlich 250 Milliarden US-Dollar einbringen könnte.

„Unsere Steuersysteme versagen bei der Besteuerung der unglaublich Reichen in der ganzen Welt. Wenn man die Mehrwertsteuer, die Unternehmenssteuer und die Einkommenssteuer berücksichtigt, haben Superreiche viel niedrigere effektive Steuersätze als alle anderen“, sagte Zucman auf einem Panel am Rande der Frühjahrstagung.

Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz pflichtete auf dem Panel bei, Ungleichheit habe überall auf der Welt zugenommen und könne nur global gelöst werden. Ebenso wie Steuerhinterziehung. „Ich hoffe, dass wir ein Ende des Neoliberalismus der niedrigen Steuersätze erreichen“, sagte Stiglitz.

Aber auch ein weiteres Steuerinstrument wurde am Rande der Tagung mit viel Aufsehens diskutiert. Die CO₂-Steuer steht wieder im Raum. Konkret ging es um erste Schritte in der Besteuerung der internationalen Luft- und Schifffahrt und fossiler Energien, ebenso wie eine Finanztransaktionssteuer. Die Erträge sollen für Klima- und Entwicklungsfinanzierung zur Verfügung stehen. Pläne dazu wurden bereits auf der letzten UN-Klimakonferenz in Dubai gefasst und sollen unter Federführung von Frankreich und Kenia ausgearbeitet werden.

Schuldenstreichung für Klimafinanzierung

Ak­ti­vis­t*in­nen wiesen darüber hinaus auf die Schuldenkriese hin, die viele Staaten im Globalen Süden belastet. Sie forderten Schuldenstreichung, denn das Geld fehle in Klima- und Entwicklungsvorhaben. Eine Studie der NGO erlassjahr.de von diesem Monat hat berechnet, dass Entwicklungsländer zusammen 1,3 Milliarden Euro für Zinsen und Tilgung am Tag ausgeben.

„Hohe Schuldenzahlungen bremsen unser Wachstum, die Armut steigt, und die Klimaanpassung leidet hier in Ghana“, erklärte etwa Nana Mariam von der Graswurzelbewegung Debt For Climate Ghana in einer Pressemitteilung. „Wir haben keine Chance, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen.“ Mariam forderte den IWF und „räuberische private Kreditgeber wie BlackRock“ auf, Schulden zu streichen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.